Eine Reise in das Anderland
19.09.2022 – Die Demenzkampagne macht Station an der Robert-Schuman-Schule. Fachvorträge und eine Ausstellung versuchen, das Thema Demenz greifbar zu machen und Ängste abzubauen.
An manchen Stellen des Vortrags ist man unsicher, ob man das Geschilderte komisch oder tragisch finden soll, ob man amüsiert oder betroffen ist. Etwa, wenn die alte Dame in ihrer Serviette blättert wie in einer Zeitung. Oder wenn der alte Herr mitten in der Nacht seine Schubladen ausräumt. Oder wenn die Antwort der Betroffenen so häufig lautet: „Ich weiß es nicht.“
Der Vortragende an diesem Nachmittag in der Robert-Schuman-Schule ist Erich Schützendorf. Er ist Autor und referiert im Rahmen der in diesem Jahr zum neunten Mal stattfindenden Demenzkampagne, die von der Stadt Baden-Baden und dem Pflegestützpunkt Baden-Baden veranstaltet wird. Schützendorf berichtet aus seiner langjährigen Arbeit zum Thema Demenz und erklärt Verhaltens- und Denkweisen jener Betroffenen, die im so genannten „Anderland“ leben, wo Rationalität und Funktionalität, Uhrzeiten und Termine keine Rolle mehr spielen. Für die zahlreichen Zuhörer, mehrheitlich Schülerinnen und Schüler von Pflegeschulen der Region, bietet Schützendorf Hilfestellungen und versucht, Verständnis zu wecken, ohne dabei zu verkennen, was Pflegekräfte täglich leisten müssen.
Unter den Zuhörern befindet sich auch der Künstler Helmut Kaczmarzewski. Der besondere Gast ist selbst an Demenz erkrankt und eröffnet an diesem Nachmittag seine Ausstellung. Gemalt hat Kaczmarzewski schon vor seiner Krankheit, nun hilft ihm seine künstlerische Tätigkeit beim Umgang mit der Demenz.
Neben Kaczmarzewskis Bildern werden auch Werke der mit Demenz verstorbenen Monika Nau gezeigt. Tiere, Landschaften, Blumen, Bäume und Formen sind dargestellt, farbenfroh und in unterschiedlichen Stilrichtungen. Als Betrachterin und Betrachter ist man eingeladen, in die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden Künstler einzutauchen. Man beschäftigt sich unweigerlich mit der Frage, ob, und wenn ja, wie sich die Krankheit in diesen Bildern niederschlägt, und was die Künstler mit ihnen ausdrücken wollen.
Doch bleibt es ein Stückweit ein Mysterium, so wie Vieles aus dem von Schützendorf beschriebenen „Anderland“. Aber sowohl die Bilder als auch die Schilderungen helfen, die Menschen mit Demenzerkrankung besser zu verstehen und ihnen gerecht zu werden. Und am Ende könnte das Thema Demenz für Jede und Jeden relevant werden, wie die Zahlen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft nahelegen: 2021 lebten demnach etwa 1,8 Millionen an Demenz erkrankte Menschen in Deutschland, Tendenz steigend.
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Die Ausstellung wird vom 26.09. bis 01.12.22 im Fachbereich Bildung und Soziales, Gewerbepark Cité 1, zu sehen sein.
www.demenzkampagne.baden-baden.de
(Text/Foto: Bastian Epple-Streif)
